HALMA
GRANULAR (KAPITÄN PLATTE)
Hier sind sie, die sechs neuen Tracks von HALMA, dem Hamburger Quartett, das seit 2000 Soundtracks für das Inner Life im Outer Space komponiert.
Das Cover des neuen Albums GRANULAR ziert ein Bild des Kometen Tschurjumow-Gerassimenko, aufgenommen von der Raumsonde Rosetta.
Der 4000 x 3000 Meter große Felsbrocken könnte allerdings auch ein Sandkorn sein. So macht die Band schon optisch klar, worum es geht: Mikro- und Makrokosmos - eine Reise vom Kleinsten zum Größten.Tortoise, als Referenzband für instrumentale Musik meist schnell bei der Hand, fährt bei HALMA nur auf dem Nebengleis, kaum in Sicht- und Hörweite und Early Day Miners fällt einem zwar ein, eine nahe Verwandtschaft zu vermuten, erscheint aber ebenso abwegig.
Ja, eventuell blinzeln die Swans herüber. Und manchmal erinnert die Bass-Schlagzeugarbeit an Can undTalk Talk.Da wird auf Ton gestanden, die Noten als Granit-Möbel verschoben, schwer und klumpig, als auch leicht und sirrend wird auf dem Verschiebebahnhof taktiert.
Besenrein fegt das Raschel-Schlagzeug den Grund für ein Tiefes Weiß sauber und legt die Geometrie des ersten Tracks Deep White dar, darin Haltepunkte setzend, die die warme Mathematik dieses Stücks freisetzen können.
Hier werden Bilder von innen ausgelotet, ja, das ist moderne Landschaftsmusik, allerdings nicht unbedingt von dieserWelt.
Wer Urlaub im Kopf machen will, der reist hier richtig. Sediment, der Name des zweiten Titels, ist Programm ...Ton-Schichten, Töne schichten, mit vielen Schattierungen von Dunkel- bis Hellgrau.
Melodieansätze, die in erster Linie stehen könnten, dann aber nur schmale Zeichen setzen, nicht ausformuliert, sondern nur kurz im Ansatz begriffen bleiben, um dann ganz woanders abzusterben.
Das ist Beschaulichkeit, die Angst machen kann. Dazu braucht es nur einen Halbtonschritt in ein unbekanntes Terrain, so gut gesetzt ist das Gesamtensemble Klangfeld.In Riverbed, dem dritten Titel, stimmen Bass und Schlagzeug zu einem wohlmeinenden Bekanntheitsgrad ein.
Für den man dankbar ist, Dank auch dafür, dass man hier an die Hand genommen wird. Das Schlingern des Riffs führt dann aber in eine Abseite, die Fragen offen lässt.Im vierten Track arbeiten HALMA mit wohldosierter Verzerrung, ja, 50 bis 70 beats per minute sind bei einem Stück wie Mud Mound definitiv ein D-Zug! Die an- und abschwellende Zerre auf großer Fahrt möchte umarmt - umgarnt werden, am liebsten von den Knorpeln des Ohres.Auf Bahn Fünf starten die Dirt Devils - das wohl rockigste Stück dieses Albums.
Auch hier: Schichtarbeit. Bass und Schlagzeug spinnen keinen Faden - eher eine Stahltrosse, aus der die Gitarren - Ton für Ton und Sound um Sound - einen tonnenschweren Webteppich flechten.
Crooning Dune, das Abschlussstück, beginnt am Rande der Unhörbarkeit, der Bass winkelt einen Zweiton ins Nichts, über dassich eine Gitarrensirene aufbäumt.
Sehr genau akzentuiert, sticht eine andere Gitarre hervor und setzt die Arbeit fort. Langsamkeit auf Wanderschaft ...
Auf ihrem sechsten Album, das im traditionsreichen Studio Nord in Bremen mit Gregor Hennig aufgenommen wurde, zeigt die Band, dass sie ihre Kunst beherrscht, Zeit neu zu definieren.
HALMA kennen das dunkle Schweigen im Walde - kurz bevor die Vögel aufwachen...