ALTE KINDER
UNTER FREIEREM HIMMEL (VOLLER SOUND)
Der Himmel war blau und frei, so frei wie lange nicht mehr. Man konnte tatsächlich stehen bleiben (wie dramatisch auch immer die globale Lage war).
Keine Flugzeuge, kein Fahrzeuglärm, Delfine in der Lagune. Die Menschen saßen zuhause, die Sonne schien, sie wurden ruhiger.
Aber auch zorniger. Unter freiem Himmel standen sie und demonstrierten gegen die Politik und den Schutz der allzu Verletzlichen.
Die Kinder verlernten, wie eine Schule von innen aussieht. Die Erwachsenen verlernten, wie man miteinander reden kann, ohne zu hassen.
Und als dann alles endlich vorbei war, traten sie vor die Türe und die Raketen des Kriegs in Europa trafen ihre alten Gewissheiten.
Und bis heute schlagen sie immer weiter ein. Und es gibt keinen Raum, all das mal zu besprechen.
Unter freierem Himmel stellt sich raus auf die Straße, in die Offenheit, in der kein Ziel mehr erkennbar ist.
Ein Lebensgefühl zwischen Angst vor Atomkrieg und Ökozid, das die Klimajugend umtreibt, stand auch an den Wänden der 1980er-Kinder (Jugend und Verzweiflung).
Der Eindruck, dass der Ausverkauf der Welt einfach immer weitergeht und bald alles nur noch Plastikware ist, bleibt auf der Bandtagesordnung (Leichte Beute, Lot, #GesternInNeoliberania) - und so auch der Trost und die Hoffnung des Pop, die Momente des großen Hymnen-Gefühls (Sternschanze, Gräfenhainichen) und die Intimität von kleinen Begebenheiten, die nur ein Indie-Song so erzählen kann (Raus ausm Radius), ganz zu schweigen von großem Dank - Thank you for the Music (Hey Hey)! Schließlich treibt alles weiter, weiter, auch die Zuversicht uns voran, dass die Bürgerinnen und Bürger irgendwann die Geduld verlieren, nicht mehr warten und ihr Europa selbst in die Hand nehmen werden (E why (die Kommissarin), The Bomb That).
Ein vielseitiges, spielfreudiges, politisches Album mit Ohrwurmqualitäten.