CURBS
TOO BIG TO FAIL (KONKORD)
Agonie, Panik, Schock. Nur Frankreich stays calm. Nur Österreich putzt sich weiter lässig die Zähne und richtet sich den Kragen des Fred-Perry-Shirts.
Der Brexit - ein Desaster? Den Franzosen war die Vinegar-Chips-Nation immer schon suspekt.
Und in punkto soulfull britishness braucht sich das Land der Berge keine Sorgen machen: Denn der beste Britpop kommt ja eh aus Wien! Die Viererbande Curbs fetzen uns mit ihrem aktuellen Album eine prallen Mix aus pilzköpfigen Melodien, soundverspielten ELO und der Lust am wunderschönen Noise von englischen Shoegazerismus wie Ride oder Stone Roses um die Ohren.
Wie das Intro von Fire in the Sky mit seinen Ready-steady-go!-Krach gleich den Puls raufköchelt und wie der Song dann ganz selbstverständlich in einen swingenden Und-jetzt-alle! - Chorus reinkippt, das hat Drive und Verve.
Und das ausgedehnte Instrumental, das im letzten Song des Albums, Contender, Curbs in den Kosmos schießt, als wären sie mit Jeff Lynns UFO nur zu Besuch auf der Erde gewesen, das hat Witz und Energie.
Exzellenter Pop. Smart serviert. Die herzerwärmende Coolness von ,Too big to fail", das plötzliche Summen der Melodien in der U-Bahn, in der Warteschlange beim Bäcker, all das kommt nicht von ungefähr.
Verschrobene Hymnen, detailverliebte Gassenhauer. Die beiden Köpfe von Curbs, Alex Wunderbar und Alex Bunf, prägten im Schatten von Schirm, Charme und Melone einen eigenständigen, eigenwilligen Sound, der dem Quartett einen festen Platz in der österreichischen Popszene sichert: Frequency, Fm4-Charts, Aufwärmtraining für die großartigen Blur, Aufnahmen in den Abbey Road Studio undundund.
Ab 2012 gönnte sich die Band eine längere tea time. Aber nur um einen kräftigen Anlauf zu nehmen und in ein exzellentes neues Album zu springen: Curbs klingen 2020 so frisch wie ein doppelter Rittberger in die Themse zu Weihnachten.
Gern würden wir Emma Peel und John Steed zur unterkühlten New-Order- Grandezza von NME ihren Earl Grey nippen sehen.
Aber Gemütlichkeit gehört nicht zum Programm: Die erste Singleauskoppelung KiK drischt einen harten, knappen Tanzgroove, der London Calling von The Clash auf die Schulter klopft.
,We know what you do.", so heißt es im Song. Na klar, wir tanzen. Den Kracher Too Big to fail gleich hintennach mit heavy 80ies Trompetensolo - Endstation Sauerstoffzelt.
Und wer das bizarre Video zum Song KiK kennt: Curbs pflegen auf ,Too big to fail" einen feinen Sinn für Humor.
Den spielen sie auch als Trumpf aus beim selbstbewussten slightly out of tune von Sittin: schief mit Charme.
Die Band hatte hörbar Spass am Ideensprudeln. Ach ja, weil wir vorher les francais erwähnten! Mit Je ne se pas findet sich auf dem Album auch für die 'ipster der grande nation Tanzbares, als petit Extra mit dem schönstem Jammerchor seit dem ,We want our money back!" von Margaret Thatcher & Company.
Und damit es auch die Iron Lady versteht: Curbs sind mehr denn je ganz einfach Meister des bunten, prallen, drallen Pop, der unter der Flagge des Union Jack die Dancehalls pflügt.
Wer braucht da noch die verregnete Insel? das Album, braucht man. Indeed, Mr. Steed.